Die wenigsten Temeswarer wissen, dass an der 23-August-Ringstraße sieben Gebäude stehen, die nach den Entwürfen von Arch. Prof. Matthias Hubert erbaut wurden. Diese sind: Ciobanu-Palais, Jahner-Haus (mit der Apotheke Nr. 3), das ehemalige Industrielyceum, ORL-Klinik, Pionierhaus, Piatas-Haus (mit dem Gostat-Laden) und schliesslich der Sitz des Kreisparteikomitees und der Kreisvolksrates. Ebenfalls von ihm stammen folgende öffentlichen Bauten: Medizinfakultät und der alte Flügel des Hotel „Timisoara“ (das erste Sechsstockhaus in Temeswar, mit einem sechs Meter tiefen Fundament und mit dem „Schwäbischen“ Giebel); ausserdem die orthodoxe Kirche in der Mehala, die Ackerbauschule in Woiteg so wie jene in Tirgu-Jiu. Dazu kommen noch zahlreiche Privatbauten. Als Mitarbeiter zeichneten gelegentlich Arch. Prof. Victor Vlad und Ing. Suciu.
Matthias Hubert wurde im August 1892 in Groß-Scham geboren. Er starb am 29. Januar 1964 in Temeswar. Nach der Mittelschule in Werschetz inskribierte er an der „Königlichen Josef-Kunsthochschule“ in Budapest und promovierte dort am 7. Juni 1918. Ab 1919 war Hubert Professor der Höheren Gewebeschule in Temeswar, wo er nahezu vierzig Jahre unterrichtete. Viele seiner Schüler sind heute in staatlichen Bauunternehmen angestellt, darunter auch seine zwei Töchter als Projektanten: Adelheid war 26 Jahre lang bei IPROTIM im Arbeitskreis von Arch. Hans und Aurelia Fackelmann. Nach dem zweiten Weltkrieg unterrichtete Hubert auch an einer Berufsmittelschule. Das Jahrbuch der Gewerbeschule für 1925-26 führt ihn als Assistenten des hiesigen Polytechnikums. Eine Zeit lang zählte er zu den Mitgliedern des Rumänischen Architektenkollegiums.
Matthias Hubert war unermüdlich im Einsatz für Kultur und Bildung. Nach dem ersten Weltkrieg hielt er auf Banater Dörfern Vorträge über Kunst und Schrifttum, bespielweise über Adam Müller-Gutenbrunn. In seiner Freizeit malte er weit über hundert Ölbilder, die er an Freunde und Bekannte verschenkte, legte ein Buch an mit namenhaften Männern aus Kunst und Geschichte, verfasste dazu Texte und zahlreiche Illustrationen. Die Maler Ferch, Lenhardt, der Bildhauer Rothsching verkehrten in seinem Haus, erinnert sich seine Gattin Magdalene. Besonders gut befreundet war er mit seinem Direktor, dem Maler Corneliu Liuba. Wie er über Kunst und Menschen dachte, dafür ist der Spruch an seinem Bücherkasten bezeichnend: „Die Liebe zur Schöpfung, die Lust am Erkennen und Nachbilden gleichviel, ob eine Verwertung denkbar sei oder nicht, ist mir eine innerliche Beseeligung und macht mich glücklich“. Es gab keinen Bau, wo er nicht täglich auf dem Gerüst erschien. Bedenkt man, dass er hinkte, so war das keine leichte Sache. Bei so einer Gelegenheit fragte ihn ein Maurer: „Ermüden sie nicht, täglich heraufzusteigen?, worauf er antwortete: Ich muss mich doch überzeugen, ob es sich leben lässt, in dem, was ich entworfen habe“. Der viel zu früh verstorbene Architekt Hans Fackelmann äußerte sich über Professor Matthias Hubert in einem Gespräch folgendermaßen: „Er wusste an einem Bau die Räume im klassischen Sinne einzuteilen und auszunützen. Wer sich davon überzeugenwill, der besuche das Medizinische Institut oder den Sitz des Kreisvolksrates“.
Quelle für diese Seite:
Hans Mokka (1982): NBZ, 19. September