Feste im Kirchenjahr

Die kirchlichen Festtage wurden mal mehr und mal weniger groß gefeiert; die  Feiern wurden je nach den Rahmenbedingungen, die die Feldarbeit ihnen auferlegte, gestaltet.

Nikolaus

Advent wurde nicht per se gefeiert, das erste Fest im Kirchenjahr war somit am 6. Dezember, dem Nikolaustag – „Nikolo“. Nikolo war der Vorbote des Christkindes („Chrischtkindl“ nach Groß-Schamer Mundart).
In meiner Kinderzeit war es zwar bekannt, dass man die Schuhe vor die Tür stellt, aber in der Regel kam da ein „richtiger“ Nikolaus. Der hatte eine große Pelzmütze, einen Umhang aus Schafspelz, einen langen Bart aus Hanf oder Schafwolle sowie einen Sack mit Äpfeln, Nüssen, Bonbons und Weidenruten, die er am „Graben“ geschnitten hatte. Eine Kette hatte er dabei, um die schlimmen Kinder anzuketten, was natürlich nie geschah. Am Nikolausabend war die Spannung unter den Kindern groß und steigerte sich oft in Angst, wenn im Gang oder vor der Tür die Ketten klirrten. Der Nikolaus zeigte sich natürlich von der guten Seite. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass die Kinder singen, beten und auch ein Gedicht sagen können, packte er seinen Sack aus, zur Freude der Kinder, nicht aber ohne eine Rute beim Vater zu lassen.

Manches Kind hatte aber doch seine Zweifel an der Identität des Nikolos. Und manchem Kind ist die Ähnlichkeit mit dem großen Cousin verdächtig vorgekommen. Andere aber waren überzeugt, dass es ein richtiger Nikolaus ist und suchten Schutz bei den Eltern, bis der Nikolo wieder ging.

Weihnachten

Am 24. Dezember nachmittags wurde der Christbaum geschmückt, heimlich für die Kleinen; die Großen durften mithelfen. Am Abend war die Bescherung. Die Kerzen wurden angezündet und die Familie versammelte sich um den Weihnachtsbaum. Die Kinder sagten Gedichte auf und es wurden Weihnachtslieder gesungen. Nach der Bescherung und nachdem die Überraschung etwas abgeklungen war, gab es das Abendessen.
Um die Zeit bis zur Mette zu überbrücken, versammelten sich die Jugendlichen in kleineren Gruppen, meist bei einem Mädchen. Die Verheirateten trafen sich bei Freunden oder Verwandten und verbrachten die Zeit mit Erzählen, Kartenspielen und die Frauen auch mal mit Handarbeit. Kurz vor Mitternacht gingen alle in die Kirche, um der Mitternachtsmesse beizuwohnen. Aus allen Gassen strömten die Leute mit ihren Laternen zur Kirche; es war ein faszinierendes Bild, die vielen Lichter beim Kircheneingang zu sehen, ebenso wenn sie sich nach der Mette in alle Richtungen verloren.
Nach der Mette, zu Hause angekommen, gab es ein Mitternachtsessen. Das war immer eine geräucherte Wurst mit Kartoffeln und Kren (geriebener Meerrettich).

Speziell in Groß-Scham war es üblich, dass an Heilig Abend schon am Nachmittag das Chrischtkindl im Dorf zu sehen war. Es gab zwei oder drei Formationen, bestehend aus jeweils drei Mädchen und einem Buben. Sie waren weiß gekleidet und verkörperten die Erzengel Gabriel und Michael, das Christkind mit einer Wiege mit Puppe und den heiligen Josef. Sie gingen von Haus zu Haus und baten um Einlass. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass sie in jedes Haus durften, schon wegen der Kinder. Der erste der eintrat, war Gabriel. Danach kam Michael und dann das Christkind mit der Wiege; zuletzt kam Josef, der musste das Kindlein wiegen. Nachdem sie ihr Lied gesungen hatten, bekamen sie einige Geldmünzen und gingen dann ins nächste Haus. Es waren meistens Kinder, deren Eltern nicht so wohlhabend waren, die sich durch die Gaben eine kleine Weihnachtsfreude bereiten konnten.

Neujahr

Am Neujahrstag gingen Jung und Alt durchs Dorf und wünschten einander Glück für das angebrochene neue Jahr. Vor allem die Kinder konnten es kaum erwarten, den Eltern, Verwandten und Nachbarn ihre Glückwünsche zu überbringen. Denn hatten die Kinder ihre Glückwünsche vorgetragen, erhielten sie Geschenke – Geld, Äpfel, Nüssen, Süßigkeiten.
Die Glückwünsche wurden meistens in Form eines Gedichtes vorgetragen.

Die kleinen Kinder gratulierten beispielsweise mit folgenden Reime:
Ich bringe euch zum neuen Jahr
einen kleinen Glückwunsch dar.
Mein Wunsch ist zwar klein,
doch gut gemeint und wahr.
Ihr sollt glücklich sein im neuen Jahr.

Die größeren Kinder überbrachten die Wünsche mit den Versen:
An dieses Jahres ersten Morgen begrüß ich euch mit großer Lust,
zwar Wechsel, Hoffnungen und Sorgen an diesem Tag in mancher Brust.
Wir fragen uns was wird uns bringen das Jahr in seinem dunklen Schoß,
was trägt die Zeit auf ihren Schwingen, wie fällt in Zukunft unser Los.
So kreuzen heute sich die Fragen, so treten wir ins neue Jahr,
was kommen wird in seinen Tagen, ist keinem Menschen offenbar.
Viel Glück im neuen Jahr!

Die jungen Leute hatten schon auf dem Silvesterball die Gelegenheit sich gegenseitig zu beglückwünschen. Auch die Älteren beglückwünschten sich gegenseitig am Neujahrsmorgen und dann zur Kirche. Nach dem Gottesdienst eilte jeder nach Hause, denn dort stand schon ein Festmahl bereit.

Dreikönig

Am 6. Januar ist das Dreikönigsfest – mit dem auch die Weihnachtszeit endet. Es war Brauch, dass sich jeweils drei Buben (Schüler) zusammentaten, weiße Kleider anzogen und mit Zepter und Krone die Drei Könige aus dem Morgenlande darstellten. Schon am 5. Januar nachmittags nach der Brot- und Wasserweihe zogen sie durchs Dorf, von Haus zu Haus, und sangen das Dreikönigslied. Dabei bekamen sie in jedem Haus ein Geldstück. Das geweihte Brot und Wasser wurde nach Hause getragen und jedes Familienmitglied bekam etwas davon; so auch das Vieh. Das geweihte Wasser und Brot sollte vor Krankheiten schützen.
Üblich war es auch, Krapfen zu backen. Dabei wurden in ein paar Krapfen je eine Münze gesteckt. Wer eine Münze fand – und das waren immer die Kinder – der war der König. Dieser Brauch wird auch heute bei uns fortgeführt; die Kinder freuen sich immer, wenn sie eine Münze in ihrem Krapfen finden.
Das Dreikönigsfest hatte für die Kinder auch eine weniger erfreuliche Seite. Danach waren nämlich die Ferien zu Ende. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit, wo ich schon in Temeswar zur Schule ging. Erst in den Osterferien durften wir wieder nachhause fahren, und das waren immerhin 12 bis 14 Wochen.

Lichtmeß

war am 2. Februar, wurde aber nicht groß gefeiert. Überliefert ist ein Spruch zu diesem Tag: Lichtmeß, spinne vergess, bei Tach zu Nacht gess; was das Ende des Winters andeutet.

Fasching
Die Faschingszeit wurde in Groß-Scham ausgiebig genützt. Da reihte sich Veranstaltung an Veranstaltung, in deren Mittelpunkt die verschiedenen Bälle standen. Sie wurden weitgehend von den Ortsvereinen organisiert. Zu den ständig wiederkehrenden Bällen gehörten: „ Bauernball“, „Gewerbeball“, „Feuerwehrball“, „Rekrutenball“ und „Binglball“. Zu den nicht ständigen Bällen zählten die Bälle der Gesangsvereine, der Musikkapellen, der Trachtenball, der „Schwoweball“ und der Maskenball. Bevorzugter Balltag war der Donnerstag. Zum „Letztfasching“ wurde am Sonntag, Montag und Dienstag jeweils nachmittags und abends getanzt. Dienstags, um 24:00 Uhr, stellten die Musikanten ihr Spiel ein und verließen gemeinsam mit den Tänzern das Gasthaus.

Aschermittwoch und Fastenzeit

Am Aschermittwoch wurde das „Aschenkreuz“ in der Kirche verteilt. Ansonsten wurde dem Kirchenfest keine große Aufmerksamkeit geschenkt.
Die Fastenzeit wurde eher individuell gestaltet, je nachdem, wie religiös die einzelnen Familien waren.

Palmsonntag, Karwoche und Ostern

Ostern war auch in unserem Dorf, wie in allen katholischen Gemeinden, ein bedeutender kirchlicher Feiertag. Wenn man von Ostern spricht, so muss man schon eine Woche vorher beginnen, nämlich am Palmsonntag. An diesem Tag wurden in der Kirche die Palmzweige geweiht. Es war eine Messe mit großer Prozession und bei der Rückkehr der Prozession in die Kirche musste der Priester dreimal mit dem Kreuz an die Kirchentür klopfen, um eingelassen zu werden. Die geweihten Palmen nahm man mit nach Hause, wo sie aufbewahrt wurden. Einige Palmzweige wurden auf den Friedhof getragen und auf die Gräber der Angehörigen gesteckt. In der Karwoche gab es jeden Tag eine Messe. Dann kam der Gründonnerstag. Nach der Messe verstummten die Orgel und auch die Glocken, zum Zeichen der Trauer über den Tod Christi, bis zur Auferstehung. Es hieß, die Glocken seien nach Rom geflogen. In dieser Zeit wurde in der Kirche ohne Orgelbegleitung gesungen und die Glocken wurden durch Ratschen ersetzt. Die Kinder, angeleitet vom Messner, besorgten das Ratschen mit einer großen Ratsche, die im Glockenturm war. Die Ratsche war nicht so laut wie die Glocken, doch konnte man sie weithin hören. Auch gingen Buben mit kleinen Ratschen durchs Dorf. Der Karfreitag galt als Trauertag – der Tod Christi. Zugleich zählte er auch als der größte Fastentag des Jahres. An diesem Tag wurde grundsätzlich kein Fleisch gegessen und auf tierisches Fett verzichtet. Viele aßen nicht einmal Milch oder Eier. Am Karfreitag wurde nicht gearbeitet. In einer Seitenkapelle der Kirche wurde das Heilige Grab eingerichtet. Am Karsamstag wurde während der Messe das Allerheiligste zum Heiligen Grab getragen und dort den ganzen Tag, zur Anbetung, ausgestellt. Am Abend wurde mit einer großen Prozession in der Hauptgasse („Bratgass“) die Auferstehung gefeiert. Die Fenster wurden Heiligenstatuen und brennenden Kerzen geschmückt. Fahnen wurden getragen, der Priester ging unter dem Baldachin mit dem Allerheiligsten und erteilte an jeder Ecke den Segen. Die Prozession, die auf dem ganzen Weg von der Musikkapelle begleitet wurde, ging etwa bis zur Hälfte der Straße und kehrte dann in die Kirche zurück. Der Priester verkündete die Auferstehung und unter Glockengeläut und mit Chor und Orgel wurde das Lied „Der Heiland ist erstanden“ gesungen.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie in den dreißiger Jahren die Feuerwehr am Heiligen Grab die Wache hielt. Vom Vater und Großvater weiß ich, dass früher, etwa um 1900 und noch früher, die Schützen die Wache hielten und bei der Auferstehung mit Böllern schossen.

Der Ostersonntag begann mit einem Hochamt. Danach aber war der Ostersonntag der Tag der Kinder und Jugendlichen. Nach der Messe gingen die Kinder nicht wie an Neujahr zu allen Verwandten, sondern nur zu den Großeltern und zu „Phat und Godel“ (Taufpate und Patin) und brachten Glückwünsche dar.
Die Kleinen sagten: Aus lauter Lieb und Herzenstreu, komm ich um mein Osterei. Dafür gab es dann für die Kinder Osterhasen aus Lebkuchen, Zucker oder Schokolade, Zuckereier und Orangen und viele gefärbte Ostereier.
Zuhause hatte die Mutter ebenso die Ostergeschenke vorbereitet. Diese waren in der Regel im Garten im Klee in einem Nest versteckt und die Kinder mussten das Osternest suchen. Die Freude war immer groß und manches Kind hat nach den vielen Ostereiern essen, Bauchweh bekommen.

Einen Spruch zu den Ostereier in Groß-Schamer Mundart:
Ich waas was, ich waas was, die Motter is de Haas. Die Hingle leje die Aijer, dann saan se, es war de Haas.

Über die Osterfeiertage gab es auch immer einen besonderen Speiseplan: So wurde an Ostern hauptsächlich Lammfleisch verzehrt; am Gründonnerstag Spinat meist mit paniertem Brot.

Ostermontag war der Tag der großen Buben, und zwar der jungen Männer bis zur Rekrutierung. Viele besorgten sich ein Fläschchen Kölnischwasser oder Parfum und ging zu den Mädchen oder zu „seinem“ Mädchen zum „Spritzen“. Dabei wurden das Mädchen und ihre Kleider mit Parfüm bespritzt.

Weißer Sonntag und Erstkommunion

Am ersten Sonntag nach Ostern, dem Weißen Sonntag, fand alljährlich die Erstkommunion statt. Schon viele Wochen vorher freute sich die Bevölkerung auf diesen wichtigen Tag im Leben ihrer Kinder. In jener Zeit hatten Schneiderinnen, Schneider und Schuster die Hände voll zu tun. War endlich der ersehnte Tag gekommen, begaben sich die Erstkommunikanten zusammen mit ihren Eltern in den Schulhof. Hier sorgte jeweils der Klassenlehrer für die Paarweise Aufstellung, voran die Mädchen, hernach die Knaben. War alles bereit, erfolgte der feierliche Einzug der Kinder in die Kirche – von den Klängen der Musikkapelle begleitet. Vor der Kommunion sprach der Priester zu den Erstkommunikanten über die Bedeutung des Ereignisses und erneuerte das Taufgelöbnis. Nach dem Gottesdienst verließen diese die Kirche in gleicher Aufstellung wie beim Einzug und begaben sich wieder in den Schulhof.

Pfingsten

Pfingsten war kein sehr großer Feiertag. Der Pfingstmontag war bei den Bauern Arbeitstag. Eine Gaudi machten sich die Burschen zu Pfingsten trotzdem. Samstagnacht vor Pfingsten gingen sie die „Madle Phingsteling mache“. Dazu nahmen sie einen Korb voll Spreu oder Stroh und streuten es bei den Mädchen vor das. Die Betroffenen mussten dann früh aufstehen und die Straße kehren, denn am Pfingstsonntag musste Ordnung sein. Es gab aber auch noch manch anderen Schabernack.

Fronleichnam

Am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feierten die Groß-Schamer, wie alle Katholiken, Fronleichnam.
Es ist das Fest des heiligen Leibes und Blutes Christi. Der Name „Fronleichnam“ stammt aus dem Althochdeutschen, wobei „fron“ für „Herr“ steht und „lichnam“ für „Leib“.
mehr zum Brauch in Groß-Scham und wie heute gefeiert wird

Maria Himmelfahrt

wurde am 15. August gefeiert. Für viele Groß-Schamer war dies der Wallfahrtstag.

Kirchweihfest

Ein fester Termin im Groß-Schamer Kirchenjahr war das Kirchweihfest am zweiten Sonntag im September.
Im Laufe der Zeit begingen die Groß-Schamer ihr Fest auf unterschiedliche Art und Weise, der wesentliche Ablauf und das Brauchtum blieben aber gleich.
mehr zum Kirchweihfest und zur Groß-Schamer Kirchweihtracht

Allerheiligen

wurde am 1. November gefeiert. Einige Tage davor wurden eifrig die letzten Blumen (Chrysanthemen), Laub gesammelt oder mit handgemachte Blumen die Kränze und Gestecke für den Friedhof gefertigt.
Am Nachmittag gab es eine Totenvesper und am Abend gingen dann die Familien an die Gräber ihrer Verstorbenen und zündeten Kerzen an.

 

Quellen für diese Seite:
Anton P. Petri, Hans Schmidt (1987): Heimatbuch der deutschen Gemeinde Groß-Scham im Banat. HOG Groß-Scham (Hrg.), Donauschwäbische Beiträge Nr. 81, Ebenau
Johann Mayer (2013): Freudenthal – Groß-Scham, Geschichte